Hans Joachim Reinke auf Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen

Der Vorstandsvorsitzende von Union Investment zeigte zunächst auf, wie sich die Spielregeln für unternehmerisches Handeln verschieben: „Klimawandel, Demographie und Digitalisierung sind langfristige Trends, die unsere Welt verändern – und damit auch uns bei Union Investment vor neue Herausforderungen stellen“, sagte Reinke. Hinzu kämen aktuelle Herausforderungen, zum Beispiel Handelskonflikte, der ungelöste Brexit oder populistisches Denken, die sowohl Wirtschaft wie auch Politik beschäftigen. „Die Welt ist im Stresstest – viele Koordinaten verschieben sich schneller als je zuvor“, sagte Reinke.
Deutschland muss über Wachstumstreiber neu nachdenken
Die Konsequenz aus den geopolitischen Spannungen seien eine große Verunsicherung der Unternehmen und eine sinkende Investitionsbereitschaft. Die globale Konjunktur kühle ab. Gerade Deutschland sei aufgrund seiner Exportabhängigkeit von den Konflikten betroffen.
„Deshalb sind Politik und Wirtschaft gefordert, über Wachstumstreiber neu nachzudenken: über neue Technologien, Infrastruktur und den Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft“, sagte Reinke. Es komme darauf an, wichtige Zukunftsfragen wie den Klimawandel und die nachhaltige Transformation der Wirtschaft für die nächste Generation zu lösen.
Wir sind in Detailfragen nicht immer einer Meinung, aber Ökonomie und Ökologie müssen stärker verzahnt werden.

Gemeinsame Anstrengungen in Politik und Wirtschaft erforderlich
Der Wille zur Veränderung hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft sei auf Unternehmensseite erkennbar: „Als verantwortungsvoller Investor führen wir im Jahr über 4.000 Gespräche mit Top-Managern aus allen Branchen. Nachhaltigkeit ist dabei fast immer auf der Agenda.“
Ökologische Vorhaben müssten aber auch bezahlt oder finanziert werden. Allein die EU habe den Finanzierungsbedarf für den Euroraum aus dem Pariser Abkommen heraus auf 100 Mrd. US Dollar pro Jahr geschätzt. „Das sind auf den ersten Blick enorme Summen – aber in Relation zum jährlichen Bruttoinlandsprodukt der Eurozone durchaus erreichbar, wenn wir gemeinsame Anstrengungen in Politik und Wirtschaft unternehmen. Green Bonds von Staaten und Unternehmen, Infrastrukturfonds, Förderkredite, private Kreditvergabe auf Basis von nachhaltigen Kriterien, Genossenschaftsanteile – für mich im Übrigen die Gesellschaftsform der Stunde.“
Ein zukunftsgerichteter Investitionsrahmen sei aber breiter gefasst als reine Nachhaltigkeitsthemen und schaffe neue Wachstumstreiber im Inland: Er könne beispielsweise dem Ausbau des Schienennetzes ebenso dienen wie einer modernen Bildung, einer zeitgemäßen Infrastruktur ebenso wie dem Einsatz und der Weiterentwicklung von neuen Technologien.
Fünf Anforderungen, um nachhaltiges Wachstum zu forcieren
Um die Breite der Gesellschaft und der Wirtschaft für nachhaltiges Wachstum zu gewinnen, braucht es aus Reinkes Sicht fünf Dinge: „Einen stärkeren Dialog zwischen Politik und Wirtschaft, Lenkungsanreize statt Verbote, Pragmatismus statt Bürokratie, einfache und klare Regeln und eine vielfältige Finanzierung. Wir sind mit Blick auf die Zukunft jetzt gefordert, vielfältig zu denken und entschlossen zu handeln. Unsere Gesellschaft und damit auch unser Wirtschaftssystem benötigt einen verlässlichen Rahmen und mehr nachhaltiges Haushalten, und das möglichst schnell.“
Damit das gelinge, müsse man die urgenossenschaftliche Idee bemühen: „Vor uns liegt eine große Gemeinschaftsaufgabe, die die Unterstützung vieler bedarf. Ökonomie braucht Nachhaltigkeit und Ökologie braucht Finanzierung. Aus diesem Grund ist eine getrennte Betrachtung beider Bereiche nicht sinnvoll, weder politisch, gesellschaftlich noch wirtschaftlich.“